Adam Opel: Bericht eines Opel- Nähmaschinen Sammlers der die Geschichten um Adam Opel einmal kritisch betrachtet;
von Berthold Engel
Über die Nähmaschinenfabrik Adam Opel wurde schon so viel geschrieben, dass man glauben mag es gibt nichts mehr Neues zu berichten. Und doch habe ich den Eindruck, dass die Tätigkeit Adam Opels bis etwa 1880 stark im Dunkeln liegt.
Ich bin mir bewusst, einige Opel- Gemüter zu erhitzen, aber dennoch möchte ich meine gesammelten Unterlagen, Tatsachen und logischen Verknüpfungen in diesem Bericht verdeutlichen.
Wie allgemein bekannt ist, baute Adam Opel seit dem Spätsommer des Jahres 1862 selbst konstruierte Nähmaschinen.
Oder doch nicht?
Er hatte sich sein Wissen über Nähmaschinen ohne Zweifel, während seiner Wanderschaft, in Paris angeeignet. Dort arbeitete er als Schlossergehilfe bei Höffner frères dem Tresorbauer, bei einigen kleineren Schlossereibetrieben und bei Journaux et Leblond. Bei letzterer Firma kam er zum ersten Mal mit Nähmaschinen in Kontakt. Er arbeitete von August 1859 bis Februar 1862 in dieser Firma, die Kettenstichnähmaschinen herstellten. Man kann davon ausgehen, dass nach kurzer Aufenthaltszeit in Paris jeder neu eingetroffene Deutsche unter den deutschen Arbeitern bekannt wurde. Man traf sich nach Feierabend und tauschte Erfahrungen aus. In den Tagebüchern von Ernst Bernhard Claes (Begründer der Nähmaschinenfabrik Claes & Flentje Mühlhausen Thüringen ) kann man das eindrucksvoll nachlesen. Hier müssen sich die deutschen Opel und Plaz ( Inhaber von Plaz & Cie ) kennen gelernt haben.
Plaz & Rexroth (Cie) waren die Eigentümer einer kleinen Nähmaschinenfabrik in Paris, die seit 1859 Nähmaschinen unter eigenem Patent herstellten. Um diese Zeit etwa entstand für Opel der Gedanke an eine eigene Nähmaschinenproduktion. Die Firma Plaz & Cie war zu klein, um Opel Arbeit anzubieten. Opel selbst erkannte, dass in Kettenstichmaschinen bei Journaux le Blond nicht seine Zukunft lag und wechselte im März 1862 für 6 Monate in die Nähmaschinenfabrik Huguenin et Reimann. Hier wurden Doppelsteppstich Nähmaschinen hergestellt, dessen Technik es zu lernen galt.
Im August 1862 war Opels Wanderschaft zu Ende und er ging nach Rüsselsheim zurück.
Zuhause wollte er die Idee der selbst gebauten Nähmaschine in die Tat umsetzen und scheiterte an der praktischen Ausführung. Mit seinen Möglichkeiten konnte er keine Nähmaschine herstellen. Zu groß waren die Unterschiede zwischen Paris und Rüsselsheim. Obwohl er die Konstruktionspläne und / oder eine Nähmaschine der Firma Plaz & Cie im Gepäck hatte, scheiterte er. Sein Bruder, der noch in Paris arbeitete, versorgte ihn mit den notwendigen Materialien. Adam Opel baute im vollen Umfang die Plaz & Rexroth 1 Nähmaschine nach.
Vergleiche im Buch “Alte Nähmaschinen von Dr. Peter Wilhelm“ die Gegenüberstellung der Nähmaschinen Opel 1 und Plaz & Cie 1. Im Museum von Albrecht Mey in Albstadt ist eine sehr frühe Opel 1 und eine Plaz & Rexroth ausgestellt.
Beides identische Nähmaschinen.
Auch belegen das die französischen Patente für Plaz & Rexroth vom 4. April 1859 und vom 27. Juni 1859 .
An Hand der mir bekannten Produktionszahlen hatte Adam Opel im Jahr 1863 mit der Hilfe seines ersten Gesellen Peter Schäfer insgesamt ca. 10 Nähmaschinen verkauft. Für die erste selbstgebaute Nähmaschine brauchte er ein halbes Jahr, dann konnte er schon alle 6 Wochen eine neue Maschine fertig stellen. So oder ähnlich kann man die Anfänge Adam Opels in vielen Büchern nachlesen. Die erste Maschine vom Rüsselsheimer Schneider Hummel steht im Museum der Stadt Rüsselsheim. Auf diese Maschine komme ich später noch einmal zu sprechen!
Im April 1863 warb Adam Opel im Groß-Gerauer Kreisblatt mit selbst gefertigten Nähmaschinen aller Art.
Nach offiziellen Berichten war seine erste Werkstatt in einem Kuhstall. War er überhaupt in der Lage, Nähmaschinen aller Art zu bauen? Bernhard Claes schrieb in seinen Briefen an seine Eltern sehr detailliert über Opels Geschäftsbeziehungen.
28. August 1864: "... wie ich erst kürzlich von einem Bekannten hörte, welcher jetzt in Deutschland bei Mainz etabliert als Schlosser und Mechaniker, und beschäftigt sich jetzt ausschließlich mit Nähmaschinen, er sagt das er durchschnittlich die Woche vier stück rechnen kann die er verkauft .......,wohl verstanden sind das nicht alles selbstgemachte sondern er bezieht dieselben theils aus Paris (Plaz & Cie) theils aus London von Howe."
Diese Opel 1 war eine Handwerker Nähmaschine. Der Markt aber verlangte auch eine Nähmaschine für den Hausgebrauch.
Es musste eine Familiennähmaschine her!
1869
In einigen Zeitungsartikeln wurde berichtet wie Adam Opel 1869 mit einer Familiennähmaschine Werbung machte. Am 1. Juni 1870 machte Adam Opel Werbung im Rheinischen Beobachter mit Modellen von Howe, Wheller & Wilson, Grover & Baker, Princes of Wales und französischen Modellen Machine de grand Plaisir und La Silence. Die Familien Maschine ist auch auf dem Plakat zu sehen. Er trat also als Händler auf ! Nach allen mir vorliegenden Unterlagen gilt diese Aussage als sicher!
Hatte er keine eigene Haushaltsnähmaschine?
So wie es scheint, nicht!
Wie man in alten Opelunterlagen reichlich nachlesen kann pflegte Adam Opel die Geschäftsbeziehungen nach Frankreich. Das galt auch für die Eisengießerei– Technik.
In Deutschland war man noch nicht soweit um bearbeitbaren und qualitativ guten Guss herzustellen. In den 1860er Jahren kam der Guss bei Opel überwiegend aus Mainz, Offenbach, Stuttgart und Karlsruhe. Opel fing an aus Frankreich Gussteile einzuführen. Die Firma Lallement, Henrard & Cie. in Revin ( Ardennen ) war der Hauptlieferant über viele Jahre für Adam Opel. Er war sogar Teilhaber dieser Firma. Da im Juli 1870 der Deutsch- Französische Krieg ausbrach und geraume Zeit vorher die wirtschaftlichen Beziehungen mit Frankreich unmöglich wurden, traf es Opel sehr hart. Da er keine Teile mehr geliefert bekam, musste er auf deutschen Guss zurückgreifen, was erhebliche Qualitätseinbußen nach sich zog.
Als im April 1871 der Krieg vorbei war wurden die geschäftlichen Beziehungen erst langsam wieder aufgebaut.
Ab etwa 1872 übernahm Opel die Vertretung für Gussteile aus Frankreich, von der Firma Hardy- Capitaine & Cie in Nouzon (Ardennen). Dies muss aber nur für kurze Zeit gewesen sein. Da in Deutschland die Eisengießertechnik große Fortschritte gemacht hatte, bezog Opel ab 1876 die Gussteile aus Deutschland.
Die Firma Julius Wilhelm Römheld aus Mainz - Weisenau war ab dann der Lieferant für die benötigten Gussteile.
1859 wurde das Familienunternehmen Römheld & Moeller am Südrand von Mainz von Julius Wilhelm Römheld gegründet. Seit 1906 ist die Eisengießerei im Norden der Stadt, im Hauptindustriegebiet der Region angesiedelt.
Bis zum Brand 1911 hatte Opel keine eigene Gießerei.
Anfang 1868 brachte die Firma Plaz & Rexroth einen neuen Nähmaschinentyp auf den Markt die "Machine de grand Plaisir".
Es ist eine Nähmaschine nach System Howe Unterfadensteuerung und Grover & Baker Oberfadensteuerung.
Diese Nähmaschine tauchte kurze Zeit später in der Anzeige von Opel 1869 auf und wurde als Familien Nähmaschine angeboten. Selbst im Rheinischen Beobachter vom 1. Juni 1870 ist sie zu finden.
Im Mey- Museum in Albstadt kann man die "Machine de grand Plaisir" Nähmaschine bewundern. Die beiden ausgestellten Nähmaschinen sind mit der Messingplakette „T“ ausgestattet, des Eigentümers Thabourin der Plaz und Rexroth 1871 nach dem Krieg übernommen hatte.
Es ist eine Handkurbel und eine Gestellmaschine ausgestellt.
Im Oktober 2008 tauchte eine Opel Familien- Nähmaschine dieses Typs bei Andernach auf. Hieran kann man eindeutig den Nachbau der Familien- Nähmaschine von Plaz & Cie erkennen. Auch der schon vorher erwähnte schlechte Guss ist zu sehen.
Siehe "Opel" dann Nähmaschinen- Familien Nähmaschine 1869.
Ob Adam Opel diese Nähmaschine von Plaz & Cie mit oder ohne Lizenz gebaut hat ist nicht mehr nachzuweisen.
1867 konnte er ausreichend Land kaufen und baute am Bahnhof zu Rüsselsheim seine Fabrik. Erst mit der Hochzeit mit Sophie Marie Scheller im September 1868 kam er zu finanziellen Mitteln. Er kaufte ein gebrauchtes Lanz Lokomobile und reichlich Werkzeuge für eine Dreherei und Schleiferei.
Opel hatte noch ein anderes Problem. Er bekam keine Facharbeiter und so stellte er, wieder einmal aus Frankreich und Belgien, ausländische Meister ein. Mit ihnen konnte er die anfänglichen Schwierigkeiten überwinden.
Die ersten Opel Nähmaschinen waren original mit Plaz Untergestellen versehen. Erst ab ca. 1865 wurde ein anderes Gussgestell aus einer Kombination aus Seitenteilen nach Wheeler & Wilson und Mittelteil von Plaz mit angeboten. In den als Fußsohlen geformten Trittplatten stand A. Opel eingegossen.
Historische Aufnahme der ersten Opel Nähmaschinen im Buch, Hans Pohl Unternehmer im Zeitalter der Industrialisierung und Aufnahmen aus dem Museum der Stadt Rüsselsheim.
Als im Juli 1870 der deutsch französische Krieg ausbricht hatte die Geschäftsverbindung zu Plaz und Cie ein jähes Ende.
Adam Opel baute die Familien Nähmaschine ohne französische Unterstützung selbst weiter.
Wie schon vorher beschrieben kopierte er die "Machine de grand Plaisir" Nähmaschine komplett. Erst ca. ½ Jahr später baute er die Opel Fortuna in der uns bekannten Form. Siehe Opel- Nähmaschinen- Vergleich (Familien Nähmaschine- Fortuna)
Ab etwa 1874 wurden die Sophia Gestell Nähmaschinen, tatsächlich nur in sehr geringen Stückzahlen, gebaut.
Die erste Opel Sophia Nähmaschine war noch mit stehendem Bogenschiff ausgestattet und hatte das alte Gestell mit A. Opel- Schriftzug in den Pedalfüßen. Die Sophia- Maschinen ab 1876 hatten das erste Singer- Gestell, wie man auf der Anleitung rechts sehen kann. Eine Erneuerung war auch, dass man das Singer- Schiffchen einsetzte anstatt des gebogenen Schiffchens wie bei der Opel 1 oder auch der "Delphin- Nähmaschine. Auch hatte man die Mechanik der "Machine de grand Plaisir" von Plaz & Cie übernommen.
Bei meiner Suche nach Produktwerbung aus der Zeit von 1870 bis 1875 fand ich in der Frankfurter Zeitung zahlreiche Werbungen von Adam Opel und seinem jüngsten Bruder Wilhelm. Jedoch in keiner Annonce fand ich eine Werbung über die Sophia- Nähmaschine. Im Gegenteil, bis 1875 warb man immer noch mit Nähmaschinen des Typ 1 von Wheeler & Wilson. Warum warb er mit dem Produkt der Konkurrenz ?
Alle historischen Aufnahmen der Opel- Sophia Nähmaschinen sind aus alten Opelbüchern.
Zurück zu Plaz & Rexroth! Was damals mit der Firma Plaz & Rexroth passierte, können vielleicht unsere französischen Sammlerfreunde beantworten. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich hier mehr Unterlagen bekäme.
Die Firma Plaz & Rexroth wurde von Jules Thabourin, nach dem Deutsch- Französischen Krieg 1871 übernommen und baute die Produkte bis 1880 unter dem Namen Plaz Original Maschine für den deutschen Markt weiter. Thabourin, womöglich ein früherer Mitarbeiter von Plaz & Rexroth, war es nicht entgangen, was da in Deutschland bei Adam Opel produziert wurde, konnte es aber nicht unterbinden.
Deshalb übertrug ca.1872 Thabourin dem Händler Albrecht Heinrich Lung & Cie in Frankfurt a. Main Bornheim die alleinige Vertretung der Plaz und Plaz Original Nähmaschinen. Ihr Markenzeichen war ein "P" als Messingplakette oder bei Gestellmaschinen ein "P" in der Trittplatte.
Wer war der Kompagnon von Lung und Thabourin? War es Plaz??
Eine "P" Gestellnähmaschine steht bei einem Sammler in Tuttlingen, wegen der absolut technischen Ähnlichkeit damals fälschlicher Weise als Opel Sophia benannt. Mittlerweile steht diese überaus seltene Nähmaschine auch in meiner Sammlung!
Einige Handnähmaschinen mit einer "P" Messingplakette sind auch in deutschen Sammlungen.
Alle diese Nähmaschinen sind aus französischer Produktion von Jules Thabourin vorm. Plaz & Rexroth. Sie sind technisch absolut baugleich mit den ersten Opel Modellen Fortuna und Sophia, die bis 1880 gebaut wurden. Opel änderte nur die Oberfadenführung von waagerechten Garnrollenhaltern auf senkrechten Garnrollenhaltern. Geringe Abweichungen am Stofftransport wurden auch vorgenommen, und das Schiffchen hatte die Singer- Form.
Aber bei allen Veränderungen bis 1880 lässt sich die Abstammung von der "Machine de grand Plaisir" Nähmaschine von Jules Thabourin vorm. Plaz & Cie nicht leugnen.
Folgende Anzeige fand ich im Gross-Gerauer Kreisblatt vom 3. Mai 1884. Hier wird deutlich, wie genau man in Deutschland, Patente oder Konstruktionen überwachte.
Adam Opel hatte wohl ein Patent von Pfaff in Kaiserslautern, gewollt oder ungewollt, übersehen.
Auszug aus dem Patentverzeichnis von 1877- 1888:
Patent Kl. 52 Nr.15549. ---PFAFF, G.M., in Kaiserslautern. Vorrichtung zum Ausheben des Schiffchens an Nähmaschinen.
8. Februar 1881
Tatsache ist, das kein einziges Patent einer Nähmaschine auf Adam Opel oder später auf die Adam Opel AG eingetragen ist. Patente über Spuler, Fadenführung oder andere Zusatzapparate gibt es.
Eine Opel Delphin, die im Museum der Stadt Rüsselsheim zu bewundern ist, trägt kein Markenzeichen von Opel. Sie weist die gleiche Unterfadenkonstruktion wie bei der Opel 1 auf und ist auf dem neuen beschriebenen Opel Gestell aufmontiert.
Das Schiffchen der Opel 1 passt auch in die Delphin. Diese Nähmaschine wird im Buch „Adam Opel und sein Haus“ als erste Familien Nähmaschine benannt. Auch sie wurde damals dem Rüsselsheimer Heimatverein übergeben wie die erste Nähmaschine von Schneidermeister Hummel.
Jedoch gibt es keine Werbung oder sonst einen Beweis für eine Opel- Produktion.
Womöglich ist diese Maschine auch ein Zukaufteil aus einer französischen Produktion (Plaz & Rexroth).
Leider gibt es keine Kataloge aus dieser Zeit, die diese These bestätigen.
Ist sie eine Einzelerscheinung, die nicht in die Adam- Opel- Produktpalette passt ?
Nur auf dem vorhandenen Schiffchen ist A. Opel eingestanzt.
Die Seriennummer der Delphin lautet 2419. Sie wäre demnach aus dem Jahre 1867.
Delphin-Maschine auf Opel-Gestell
Bei weiteren Recherchen fand ich 2005 im Cordier- Museum in Reims/ Frankreich noch eine „Delphin“ Nähmaschine. In den Schieberplatten der Maschine ist hier der Hersteller eingeschlagen. Fournier & Perret Marseille ist deutlich zu erkennen. In Peter Wilhelms Buch „Alte französische Nähmaschinen“ kann man nachlesen, dass Fournier um 1860 in Paris in der Sadaine 48 eine Nähmaschinenfabrik hatte. Unbeantwortet bleibt, ob Fournier mit Perret eine Niederlassung in Marseille eröffnete.
Es liegt aber auf der Hand, dass Adam Opel auf seinen Reisen nach Frankreich hin und wieder, wie es die Kundschaft verlangte, die eine oder andere Nähmaschine mitbrachte.
Die „Delphin Nähmaschine“ im Cordier- Museum ist noch sehr gut erhalten und sieht mit erhaltenem Dekor gar nicht wie ein Delphin aus, sondern vielmehr wie ein Drache mit spitzen Zähnen. Bei der „Delphin“ in Rüsselsheim ist das Dekor vollständig abgegriffen. Die Rüsselsheimer „Delphin“ wurde auf ein Opelgestell gebaut und schon war sie für die Nachwelt eine Opel- Nähmaschine. Die Opel 1 und die „Delphin“ standen schon vor 1912 im Heimatmuseum der Stadt Rüsselsheim. Ludwig Opel der verantwortlich war für die Festschrift „Adam Opel und sein Haus“ - 50 Jahre Opel, hatte aus Unwissenheit diese Maschine als erste Haushaltsnähmaschine von Opel beschrieben. Leider ist nur das Gestell von Opel aus eigener Produktion.
Fournier Nähmaschine im Cordier- Museum in Reims/Frankreich
Die frühen Adam Opel Nähmaschinen sind mit keinem Warenzeichen versehen. Erst mit der Einführung der Fortuna und Sophia Modelle ist ein A O in den Guss eingegossen. Das A steht mit dem rechten Bein in dem O. Später ab 1870 wirbt man mit dem altbekannten ineinander stehenden AO.
Aus einer Anzeige im Gross- Gerauer Kreis- Blatt, geht eindeutig hervor, dass Adam Opel sein Fabrikzeichen, ab dem 17. März 1870 an seinen Nähmaschinen angebracht hat und auch warum.
Siehe unter "Werbung" 17. März 1870 !!
Die Messingplakette, die wir an Opel- Nähmaschinen kennen, wurden erst mit Einführung der Singersysteme ab etwa 1880 an den Maschinen angebracht. Sie haben sich in der Form und Größe nie verändert. Außer Wilhelm Opel, der die erste Außenstelle 1872 in Frankfurt a/Main am Hirschgraben 7 (später ab1878 Bethmannstraße) eröffnete, hatte ab 1881 ein eigenes Warenzeichen.
Ein gesondertes Thema der Warenzeichen, sind bei Opel die Schuhmachermaschinen. Die so genannten Zylinder-Elastik oder Opel Patent-Cylinder-Elastic- Schuhmachernähmaschinen. Diese Maschinen kann man am Wappen im Mittelteil des Gußgestelles erkennen. Auch hat man die Firmenansicht vom Opel Werk aus dem Jahre 1878 im Handrad abgebildet. Einen Schriftzug "ADAM OPEL" wird man vergeblich suchen. Schuhmachernähmaschinen hat Opel ab 1875 selbst hergestellt, vorher waren es Maschinen von Bradbury & Company aus England. Siehe unter Bilder- Schuhmachermaschinen und Werbung !!
Das verwendete Wappen im Mittelteil der Opel- Schuhmachernähmaschinen, war das Wappen des Großherzogtums von Hessen- Darmstadt 1806- 1918, zu dem auch Rüsselsheim gehörte.
Opel selbst hatte natürlich seine Modelle technisch an die Zeit angepasst, jedoch hielt er an seinen französischen Nähmaschinen Typen bis 1882 fest, bis er zu den Singer Modellen überwechselte.
Adam Opel der als sehr konservativ galt, sattelte sehr spät auf die Langschiff- bzw. Schwingschiff Modelle um, andere Hersteller bauten schon 15 Jahre früher Maschinen des Typen Singer nach. Was mir sehr unverständlich bleibt, ist die Tatsache, dass es nur zwei offizielle bekannte Opel Sophia Nähmaschinen gibt. Eine steht im Museum der Firma Bernina in Stechborn in der Schweiz. Leider nur noch als Nähmaschinenoberteil erhalten. Diese Maschine ist von einem Sammler in Hochheim im Taunus der leider am 24. 12. 2003 verstorben ist. Im Herbst des gleichen Jahres sprach ich noch mit ihm und hatte den Eindruck, dass er sehr viel mehr über Opel noch wusste, was er nun leider mit ins Grab genommen hat. Die andere steht als komplett erhaltene Nähmaschine in meiner Sammlung.
Die Plaz Maschine des Sammlers aus Tuttlingen, war auch aus der Sammlung des Hochheimer Sammlers, und er sagte damals es sei eine Opel.
Kannte er die Geschäftsbeziehung von Opel und Plaz & Rexroth ???
Es bleiben also wie immer eine Menge Fragen offen. Nur kann man mit Sicherheit sagen, dass die Geschichte um Adam Opel weit nüchterner zu betrachten ist, als man es in den publizierten Büchern, bis heute geschrieben hat.
Das Hauptinteresse bei Opel heute ist das Auto, die Nähmaschine und seine Geschichte wird leider im Hause Opel etwas vernachlässigt. Hätte Adam Opel mit seinen Nähmaschinen und Fahrrädern keinen Erfolg gehabt, dann hätten sich seine Söhne das kostenintensive Auto nicht leisten können!
Was mich am meisten erstaunt hat ist, das viele Autoren, die über die Geschichte Adam Opel schrieben, aus den meiner Meinung nach verschönten Büchern aus dem Hause Opel abgeschrieben haben.
Keiner hat das geschriebene in diesen Büchern in Zweifel gestellt. Bei Heinrich Hauser und Hans Pohls Büchern über Opel wird in gleichem Maße über die Einführung des ersten Autos im Hause Opel berichtet. Mutter Sophie wäre gar nicht erfreut gewesen über das erste Lutzmann- Auto, selbst Adam hätte sich abwertend über die stinkenden Knatterbüchsen geäußert.
Jedoch hatte Adam Opel noch vor seinem Tod, in der Rheinischen Gasmotorenfabrik bei Benz & Cie, einen „Phaeton“ 4 PS Motorwagen bestellt und seit dem 15.März 1895 in Gebrauch. Dieser Wagen hatte die Seriennummer 120.
Die Kopien der original Kontrollbücher der abgegangenen Wagen von Benz 1895 liegen mir vor.
Alles ein Mythos über die Person Adam Opel?
Es bleiben also wie immer eine Menge Fragen offen. Nur kann man mit Sicherheit sagen, dass die Geschichte um Adam Opel weit nüchterner zu betrachten ist.
Schauen wir uns einmal die Produktionszahlen der Opel Nähmaschinen näher an.
Es war damals üblich die Seriennummern erst bei Auslieferung einzuschlagen. Dies hatte auch steuerliche Gründe, denn nur was verkauft wurde musste auch versteuert werden. Alles andere war Vermögen (Anlagevermögen, Umlaufvermögen) und gehörte zum Inventar. Und trotzdem ist die Seriennummer ein hilfreiches Instrument zur Deutung des Produktionsjahres. Auch ist es sehr Interessant, die Gesamtzahl aller Nähmaschinen die Opel bis zum Brand am 19. auf den 20. August 1911 gebaut hat, zu betrachten. So steht der Mythos der Millionste Nähmaschine in vielen Geschichtsbüchern über Adam Opel. Ja, es wurde sogar zur heldenhaften Leistung der Millionsten Nähmaschine zelebriert. Zuerst nahm das Thema Millionste Nähmaschine in dem in 1927 erschienenen Opel Buch „Das Werk“ vom Max Schröder Verlag in Berlin. Es entsteht ein Märchen, Zitat-
„Es fehlten gerade 10 Stück zur einmillionsten Nähmaschine. Unter den Schuttmassen fanden sich die für diese Zahl noch fehlenden Maschinenteile. Sie wurde fertiggestellt.“
Toll, glückgehabt, denn im September 1911 sollte die Millionste ja gefeiert werden.
Gehen wir in das Jahr 1937 als die Propagandisten dieser Zeit das Opel Buch „Ein Deutsches Tor zur Welt“ publizierten.
Das Märchen geht weiter, diesmal Zitat-
„Unter Klumpen zusammengeschmolzenen Metalls finden sich noch brauchbare Nähmaschinenteile. Bis zur Millionsten haben noch 12 Maschinen gefehlt. Die Brüder lassen die Teile für diese zwölf Maschinen sammeln. In einem Notschuppen, der viel Ähnlichkeit mit der erste Kuhwerkstatt des Adam Opel hat, wird das Dutzend zusammengesetzt.“
Jetzt ist das Märchen komplett, das sagenumwobene Dutzend, es ist geschaffen!
Dabei war die Chronik 50 Jahre Opel 1912 doch sehr nahe am Zeitgeist. Im Buch „Adam Opel und sein Haus“ wird auch das Thema der Millionsten Nähmaschine beschrieben. Hier heißt es nur, Zitat-
„Der Brand hatte gerade so sehr in der Nähmaschinen- Abteilung gewütet, daß außer der millionsten Nähmaschine, die weit von dem Brandherd in der Lackiererei ihrer endgültigen Fertigstellung entgegensah, nur einige Nähmaschinen übrig geblieben waren.
Auch ist in derselben Festschrift von 1912 eine unscheinbare Graphik die die Darstellung des Nähmaschinenabsatzes zeigt.
Demnach ist die millionste Nähmaschine gemäß Nähmaschinen Absatz im Oktober 1910 gebaut worden.
Diese Fakten zwingt mich dazu eine doch realistische These aufzustellen. Es ist nicht vorstellbar in einer Produktion, wo in den Jahren 1910 und 1911 bis zu 70.000 Nähmaschinen im Jahr gebaut wurden, die Millionste herauszunehmen, da die Seriennummer erst beim Verkauf eingeschlagen wurde. Vielmehr wurde „eine“ Nähmaschine in 1911 auserkoren die Millionste für die Feier zu sein. Hier hat man sich für ein Kabinett Möbel mit dem System Central Bobbin entschieden. Eine Nähmaschine die technisch zu einer Jubiläums- Nähmaschine passte. Leider fiel wegen des katastrophalen Brandes das Fest im September 1911 aus und die Maschine verschwand für viele Jahre in den Katakomben des Opelwerkes. Bis man das Kleinod in 2010 etwa fand und wieder herrichten ließ. Heute ist sie zu bewundern als ein außerordentliches Nähmaschinen Produkt bei Opel Classic im Werk in Rüsselsheim.
Erst kürzlich konnte ich eine Gewerbe Schwingschiff Nähmaschine erwerben, die die Seriennummer 1.092.044 eingeschlagen hat. Ein für mich weiteres sicheres Indiz, dass meine These stimmt. Ich nehme an, meine Schwingschiff Nähmaschine ist eine der letzten ausgelieferten Opel Nähmaschinen aus 1911, die wohl bei 1.100.00 endeten.
Aber sehen wir mal was da noch kommt. Mein Sammlerspruch lautet. „Kommt Zeit, kommt Nähmaschine“.
Adam Opel war ein für die damalige Zeit sehr cleverer Geschäftsmann, der keine Möglichkeit außer acht ließ, sein Unternehmen vorwärts zu bringen, und dies mit Erfolg!
Opel- Nähmaschinen werden auch in Zukunft begehrte Sammelobjekte bleiben, jedoch aus meiner Sicht sind sie viel zu hoch bewertet ! Ich bin sehr gespannt, was alles noch an Opel- Nähmaschinen auftauchen wird!!
Berthold Engel, im Dezember 2004
Quellenangaben::
.Alte Zeitungen von 1862- 1880
.Uni- und Stadtbibliothek der Stadt Frankfurt a/Main
.Stadtarchiv der Stadt Rüsselsheim, Museum der Stadt Rüsselsheim
.Museum Albrecht Mey Albstadt
.DNZ 09/62 und 01/86
.Daimler Chrysler Konzernarchiv
.Alt Opel Interessengemeinschaft
.Jubiläumsbuch 50 Jahre Opel, Adam Opel und sein Haus 1912
.Heinrich Hauser, Ein deutsches Tor zur Welt 1937
.Prof.Dr.Hans Pohl, Adam Opel 1995
.Dr.Peter Wilhelm, Alte Nähmaschinen 2002
.Schlingenfänger 09/89
.Auto 7-8/81
.Ursel und Friedel Niggemann
.Uwe Dierkes
.Walter Stanke
.Selbst,= unzählige verbrachte Stunden in Archiven, Frankfurt a/M und Rüsselsheim und 51 eigene Opel Nähmaschinen!!